Gießen oder nicht?
Wer will schon mit Schwengelpumpe und Gießkanne hantieren, um das Kartoffel-, Mais-, Erdbeerfeld zu wässern? ...mir schwebte da was cooleres vor:
Da unser Acker an einem kleinen Hang liegt, wollte ich die Schwerkraft nutzen. Also nicht das Feld beregnen, sondern per Tropfbewässerung Wasser über das Gefälle nach unten an die Pflänzchen leiten. Hätte auch den Vorteil, daß man nicht ständig zwischen den Reihen durchstapfen muss und alles niedertrampelt, hauptsächlich zu Beginn des Wuchses.
Einen Sammelbehälter hatte ich schon finden können, in Form eines ausrangierten Weinfasses (Glasfaser, 2m3-Fassungsvermögen), der stand nun auf höchster Stelle, quasi: unser Wasserturm.
Bis zum untersten Punkt sind etwa 3m-Höhe vorhanden, nimmt man bei vollem Fass noch die 1,5m Wasserstand dazu, hätte man einen Wasserdruck von etwa 0,5 bar zu erwarten, was ungefähr hinkommt.
Das ist deshalb wichtig, weil es nur einen einzigen Tropfschlauch auf dem Markt gibt, der noch bis ca. 0,3 bar funktioniert, dazu später mehr.
Vorbereitungen:
Der Ort für die Bohrung war somit also schonmal festgelegt: in der Nähe des Wasserspeichers. Ansonsten ist es eigentlich auch egal, bei uns in der Rheinebene, wo eigentlich früher alles mehr oder weniger Rheinufer war und somit der Untergrund aus Flusssand besteht, muss man nicht groß überlegen. Es gibt keine Wasseradern oder Fügungen, die man mit der Wünschelrute suchen sollte.
Ab einer bestimmten Tiefe trifft man auf eine Lehmschicht, die aber irgendwann durchbrochen ist und dann folgt nur noch Sand.
Problematischer sind vielleicht Gegenden, wo man mit Sicherheit auf Sandstein- oder Schiefergefüge treffen kann, da sollte man sich Gedanken machen, durch Stein kann man nämlich leider nicht bohren.
Die allgemein übliche Art des Brunnens (vom Laien errichtet), ist hier in unserer Gegend der Schlagbrunnen.
Das funktioniert so: Eine Brunnenspitze mit Filter wird in den Boden gerammt. In der Regel hat man die verzinkten
1 1/4"-Rohre, mit Außengewinden, die per Schraubmuffe immer wieder angelängt werden.
Die Saughöhe einer Schwengelpumpe liegt bei max. 7 Meter, je nach Wasserstand kann das Rohr also durchaus 8m in die Erde reichen, das kann man nicht schlagen, schon aus dem einfachen Grund nicht, weil Filter und Spitze in der gewünschten Tiefe angelangt, bereits zerbrochen wären. Daher muss man vorbohren, so weit wie nur möglich.
Bohren mit einem Brunnenbohrer geht aber nur bis zum Grundwasserspiegel. Sobald der Bohrer Kontakt mit Wasser hat, ist Schluß, er wird durch den Vakuum-Effekt in der Erde gehalten.
Tiefer kommt man nur mit einer sogenannten Kiesbüchse (auch genannt: Bluncher, Schlammbüchse, Schlämmbüchse...), die muss allerdings in einem Rohr geführt werden.
Die Vorgehensweise wäre also diese: Ein Rohr (man benutzt in der Regel das billige, orangene KG-Abwasserrohr) in die Erde blunchen, bis ca. 7m, dann das Saugrohr mit der Brunnenspitze einsetzten und 1m - 2m unter das Mantelrohr schlagen (rammen).
Aus Erfahrung weiß ich aber inzwischen, daß ein Schlagfilter nicht lange hält. Obwohl aus Messing gefertigt, setzt sich mit der Zeit eine hartnäckige Sand-Rostschicht fest, die man nicht wieder freispülen kann. Grund ist wohl das recht eisenhaltige Wasser hier.
Bei unserem alten Brunnen (der inzwischen erfolgreich umgebaut ist) war das genau so, bei den Gartennachbarn auch. Kurzerhand entfernte ich den Filter (die Schwengelpumpe verträgt etwas mehr Sand) um festzustellen, daß trotz Wasserstand bei 3m Tiefe und Mantelrohr bei 10m die Pumpe nach etwa zehn Minuten kein Wasser mehr fördert.
Das bedeutet also, daß das wichtigste Teil des Brunnens ein gut ausgelegter, den Gegebenheiten angepasster Filter ist!
Wir benötigen also für unsere Örtlichkeiten in Rheinzabern, bei festpressendem Flusssand, eisenhaltigem Wasser einen Filter, der nicht einrostet und möglichst wenig Sand passieren lässt. Für die Filterlänge und den Durchmesser des Rohres entscheidend, ist die Durchflußmenge, (bzw. Förderleistung der Pumpe). Man kann beim Rohrhersteller in einer Grafik ablesen, was man benötigt. Für unsere Pumpe "Sandblower" mit der Förderleistung von 4500 Litern/Stunde reicht ganz klar das blaue Brunnenrohr im Durchmesser 100mm und die Filterlänge von 2 m aus. Die Schlitzung des Filters beträgt dabei übrigens 0,3mm. Man kann nur dringend davon abraten, das irgendwie selbst zu machen, es spuken da jede Menge Anleitungen herum, wie man das KG-Rohr flexen oder mit Bohrungen versehen soll. ...mag ja alles erstmal funktionieren, leider wohl aber nicht auf längere Sicht, also Vorsicht!
Da wir mit unserem alten "10-Meter"-Brunnen (bis auf den verstopften Filter) gute Erfahrungen gemacht hatten (im Sommer waren die Nachbarbrunnen mit 7-Metern leergelaufen, unserer nicht), sollte das beim neuen auch so werden.
Also bestellte ich mal 2 Meter Filter, 1 Meter Rohr als Sumpfrohr vor dem Filter und 12 Meter nach dem Filter, insgesamt 15 Meter zu bohren. (Rechne nach: 15m - (3m Höhenunterschied) - (1m zusätzlicher Filter) - (1m Sumpfrohr)= 10 Meter!
Nachdem die Bestellung raus war, gab es kein Zurück mehr, es mussten besorgt werden:
- Ein Bohrer mit langem Gestänge, mindestens 6m (Meine Vermutung, bis wir auf Wasser treffen).
- Ein Plunscher (Kiesbüchse) mit Seil und Umlenkrollen (weniger Reibung = weniger Schweiss und Verschleiss)
- Das wichtigste: damit man mit geradem Rücken arbeiten kann: Einen Dreibock oder Dreibaum.
- Gewichte, um das Rohr auf dem Weg nach unten zu unterstützen.
- Schubkarre, Gießkanne und Besen, Schlauch, Handschuhe, Kettenzug, Schlaufen...
- Wie soll man das nur alles transportieren? ...eine Karre!
Das Wichtigste zuerst:
So wenig wie möglich Tragen, der Rücken wird noch beim Bohren zur Genüge schmerzen!
...die Jockgrimer Kuh! (Nein, in dem Falle nicht der Name der Dame, sondern des Gefährts)
Super Transportgerät, einfach vom Nachbarn ausleihen, das wird benötigt, um die Stämme (Douglasie) für unseren Dreibock aus dem Walde zu karren.
Wichtig: Die Stämme sollten gut gesichert sein, da sie 4 Meter überstehen!
Ich habe mal 4 Meter- und 6 Meter-Stämme gewählt, Kürzen geht ja immer.
Leider (oder besser: zum Glück) wurde ich bei ebay in letzter Sekunde überboten, als ich versuchte, ein Dreibein (das überwiegend im Kanalbau seine Verwendung findet) zu ersteigern. Es wäre sehr teuer gewesen und ich ahnte zu dem Zeitpunkt noch nicht, welchen Kräften der Dreibock standzuhalten hat! Daher schaute ich mal, wie die Pfadfinder, die Feuerwehr und das THW da rangeht.
Siehe da, geht doch ganz einfach! Der erste Bock mit 4 Meterstützen war okay, später (bei etwa 10m Bohrtiefe) war mir das aber zu mühsam, denn: Die ausgezogene Kiesbüchse hat etwa eine Länge von 2 Metern, das Brunnenrohr ragt im ungünstigsten Fall einen Meter aus der Erde, dann kommt die Seilumlenkung noch hinzu, kurz: es bleibt zu wenig Platz, um die Büchse frei hängen zu lassen. Kleiner Tip am Rande: jeden Stamm einmal durchbohren und das Anfangsseil durchschlaufen, dann kann wirklich nichts verrutschen! Zum Bohren benutzt man natürlich nicht die Bohrmaschine, sondern einen Schlangenbohrer von Opa, wie man ihn für einen Euro auf dem Flohmarkt findet, er darf ruhig rostig sein, der wird noch blitzeblank und ist eigentlich unbezahlbar!
Wichtig: Den Dreibock genau da zusammenbauen und aufschlagen, wo man ihn auch braucht! Ein Stamm (4m) wiegt etwa 20kg, drei sind dann ja schon fast 100kg (ääääh?), also dran denken! ...und natürlich den netten Nachbarn um Hilfe bitten, ein 6 Meter-Bock ist etwas unhandlich.
4 Meter 6 Meter
Der erste Schritt:
Bohrloch anpeilen und mit dem normalen Erdbohrer einsetzen und möglichst gerade bohren (zumindest am Anfang), später verzieht sich der Bohrer eh, wenn er auf Widerstand trifft. Wenn man allerdings schon früh feststellt, daß der Bohrer beim Rausziehen öfter verhakt und das Bohrloch stark abdriftet, dann sollte man überlegen, was nicht stimmt.
Ein gekrümmtes Bohrloch ist beim Blunchen ein Problem.
Man tut sich auch leichter, wenn man sich erstmal im Durchmesser von einem Meter etwas Platz verschafft und schonmal runtergräbt, außerdem sollte das Bohrloch gegen Erdrutsch gesichert werden, ich habe dazu einige Bretter zusammengesetzt, ein Rahmen, in dessen Ausschnitt ich später das Rohr einklemmen kann. Beim normalen Bohren fällt natürlich schonmal ordentlich was zurück ins Loch, das ist jetzt noch kein Problem. Später darf natürlich nichts mehr in das Bohrloch fallen, selbst ein Stein kann das Bohrprojekt ausbremsen. Ich habe schon von untergetauchten Taschenlampen und Haken gelesen...
Das Bohren funktioniert noch ganz ordentlich bis zu einer Tiefe von etwa 3m. Beim vierten, angelängten Meter wird das Bohrgestänge unhandlich (gut, wenn man einen 6 Meter-Bock zum Anlehnen hat), man muss beginnen, es beim Rausziehen zu zerlegen. Ich bin so vorgegangen, daß ich immer mit 2 Meter-Stücken gebohrt habe, weil ich ja alleine gearbeitet habe. Zu Zweit tut man sich da natürlich viel leichter.
Wie gesagt: Den Bohrer mit 2 Metern Gestänge ins Loch rein, die folgenden zwei Meter anlängen, die folgenden Gestänge anlängen, dann Bohren (etwa drei Umdrehungen) und die ganze Leier wieder rückwärts: Ziehen, zerlegen, ziehen, zerlegen, usw... Dabei natürlich immer gut darauf achten, daß keine Erde nachrutscht und der Bohrer sich nicht im Loch davon macht, ohne Griff kennt er nur den einen Weg und da gibt es kein Zurück...!
Jetzt spätestens lernt man übrigens auch etwas über die Zusammensetzung der Erdschichten, man arbeitet sich ja langsam durch die jahrtausende-alten Böden. Die fruchtbare Bodenkrume ist bei uns schon bei einem Meter zu Ende (und das ist eigentlich schon klasse), dann zeigt sich eine schluffig- klumpige, helle Sandschicht, nach dem nächsten Meter wird es schwarz-grau und beginnt zu schmieren, der Bohrer quält sich dabei schon etwas beim Drehen.
Jetzt geht es in Lehm über, das schlimmste, was man dem Bohrer antun kann, er klebt jetzt richtig fest und die Erde muss aus den Schneiden gekratzt werden. Das ist jetzt sehr mühsam aber irgendwann hat die Lehmschicht ein Ende und dann trifft man auf grauen Sand.
Übrigens konnten wir in den oberen beiden Metern noch kleine Steine einfach rausziehen, erst bei großen Brocken, die nicht zwischen die Spiralwendel passen, wurde es problematisch. Wer bei 4 Metern noch auf größere Steine trifft, bekommt ein ernsthaftes Problem und muss im schlimmsten Fall aufhören, beim Plunschen kann man keine Steine mehr lösen, die können nur noch zertrümmert werden.
Hoppla! Irgendwann wird die Erde feucht, man merkt das ganz plötzlich, wenn man den Bohrer nicht mehr aus dem Loch ziehen kann, dann einfach links zurückdrehen, der hat seinen Dienst erstmal getan. Den Bohrer (wenn er gut gearbeitet ist ) kann man selbst mit einer Zugkraft von mehreren Tonnen nicht mehr ziehen, ihr könnt ja mal eure Kräfte messen!
Der zweite Schritt:
Jetzt geht plötzlich alles ganz schnell. In meinem Fall war Wasser bei 6 Metern, wie erwartet. Zeit das Rohr zu richten! Ich bin so vorgegangen, daß ich peinlich auf saubere Gewinde geachtet habe und mit einer Bürste alles nochmal kurz ausgewaschen habe. Dann wurde billiges Fett darauf geschmiert und nur mit der Kraft meiner Hände (die bald nachlassen sollte) zusammengedreht. Das Fett dreht sich dabei nach außen ab. Der ein oder andere wird vielleicht keinen großen Wert auf die Rohrverbindungen legen, es muss ja gar nicht dicht sein... Stimmt schon aber denkt daran, daß man das ganze Rohrsystem vielleicht auch mal drehen können muss, auch links herum, wenn man auf einen Stein trifft, nutzt man jede Möglichkeit, die man hat um unten etwas zu bewegen!
Ich habe das unterste Rohr mit einer sehr groben Feile noch etwas konisch angefeilt, wie eine Speerspitze sozusagen, damit es auch schön vorwärts kommt. Musst du mit Hindernissen rechnen, dann wäre es eine Überlegung wert, am Endrohr eine Zahnung einzuarbeiten. Da hätte man zur Not die möglichkeit, dem Brunnenrohr als Säge zu arbeiten, es muss aber klar sein, daß das Rohr dadurch sehr viel schwerer nach unten rutschen wird!
Das unterste Teil des Rohres wird nach Fertigstellung des Brunnens immer mit Sand gefüllt bleiben, es ist besser, den Filter erst in höherer Lage zu setzen, um ihn herum wird sich der Sand verdichten, unten wird er immer wieder ausgespült werden und locker bleiben, den wollen wir nicht im Wasser haben!
Also: Anfangsrohr, zwei Filterrohre, wieder ein Rohr, damit vorsichtig zum Loch und langsam nach unten gleiten lassen, das geht jetzt noch wunderbar und nicht fallen lassen! Um ein neues Rohr aufzudrehen, klemme ich das verbleibende Rohrende mit seiner Wulst mit meinem Schuh in den Holzrahmen, der das Bohrloch schützt.
Jetzt sieht man auch, daß die Bohrung genügend Platz bietet. Wir haben mit einem 100mm-Bohrer gebohrt, das 100mm-Rohr schlackert aber mit viel Luft darin herum, prima!
Irgendwann waren sieben Rohre im Loch, das letzte Rohr ragte bereits aus der Erde, tolle Leistung und Zeit für eine Pause!
Plunschen:
Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit, das "Bohren" mit der Kiesbüchse. Für unseren Brunnenrohrdurchmesser von 100mm haben wir die passende Büchse mit Durchmesser: 90mm.
Vom Aufbau her ist der Plunscher einfach ein Rohr von etwa 1 Meter Länge mit einem aufklappenden Gummideckel am Boden und einer Kolbenstange im Innern, die die eigentliche Saugwirkung beim Hochziehen bewirken soll.
Wenn der Plunscher später auf dem Grund angelangt ist, zieht man an dem Seil, die Kolbenstange läuft nach oben und nimmt durch die Saugwirkung Wasser mit den aufgewirbelten Sandpartikeln und Steinchen durch die Gummiklappe mit ins Innere. Dann senkt sich die Stange wieder und der Saugvorgang beginnt aufs neue. Das Wiederholt man so zehnmal oder auch öfter, wenn man merkt, daß die Stange nicht merklich weniger Hub macht.
Das zur Theorie, aber erstmal ganz, ganz wichtig: das richtige Arbeitsseil. Man sollte da wirklich keine Kompromisse eingehen. Das beste ist gerade mal gut genug, kein Kletterseil und kein gedrehtes Hanfseil, auch kein ausrangiertes Irgendwas. Die richtige Wahl ist ein Statikseil, man benutzt das weniger beim Klettern, wo eine Dehnfähigkeit von 10-20% auf die komplette Länge wichtig ist, sondern für Baumarbeiten oder Canyoning und Höhlenforschung. Das Statikseil dehnt sich max. 1%, wenn überhaupt und hat entsprechend seinem Durchmesser eine sehr hohe Bruchlast, von etwa 2-3 Tonnen bei Durchmesser 11mm.´
Ein größerer Durchmesser wäre sicherlich von Vorteil, allerdings wird man ein solches Seil nur sehr schwer finden und es muss ja auch noch durch die Umlenkrolle passen, außerdem ist ein Statikseil recht zäh und nicht so geschmeidig wie ein Kletterseil.
Für die Umlenkung hatte ich eine Seilbahn-Tandemrolle von Petzl, zur Befestigung sollte man noch einige Arbeitskarabiner haben. Auch hier auf Bruchlast von 2000 kN achten!
Ich erwähne das nicht ohne Grund, doch dazu später.
Was ganz tolles ist übrigens ein Drehwirbel am Plunscher, z.B. von Petzl, mit einer Bruchlast von 25- 35 kN (also etwa 3 t), leider sind die fast unbezahlbar. Nötig ist der nicht unbedingt, es gibt beim Plunschen aber einen physikalischen Effekt: Beim Ziehen durch die Röhre wird durch die Strömung an der Wandung eine Drehung auf den Plunscher übertragen, das kann einem ganz schön auf die Nerven gehen, denn mind. alle drei Bohrgänge ist ein entzwirbeln des Seiles angebracht.
Jetzt kommt der große Moment, wo unser Plunscher das erste mal nach unten schießt!
Das sollte allerdings kontrolliert ablaufen, niemals fallen lassen. Beim Aufprall auf die Wasserfläche knallt es nämlich ganz schön heftig, das kann dem Rohr sogar ernsthaft schaden.
Beim ersten Ziehen sollte das Brunnenrohr schonmal ein ganz schönes Stück nach unten laufen, das tut es mit Sicherheit ...am Anfang. Beim zweiten Bohrgang sieht es dann schon ganz anders aus.
Klar, die Reibung hält das Rohr natürlich fest, nur mit Hilfe von Gewicht kann es nach unten gepresst werden.
Kommen wir zum nächsten wichtigen Punkt:
Die Gewichte.
Das gängiste Hilfsmittel, um Druck auf das Rohr auszuüben, ist eine Art Manschette, die man sich aus Holz und Gewindestangen bastelt und die dann auf das Rohr gepresst wird. Auf die Manschette stellt sich dann erstmal der Typ, der den Plunscher bedient und ...Steine, Gehwegplatten, Zementsäcke, ...kaum zu glauben, auf welche Ideen so manche Leute kommen.
Dazu folgende, amüsante Story: Nachbargarten: 3 Männer am Arbeiten. Einer bedient den Plunscher, zwei kümmern sich um die Gewichte am Rohr, die in Form von 6 Gehwegplatten links und rechts angeordnet sind. Das entspricht immmerhin einem Gewicht von etwa 120kg, schätze ich mal.
...und weil natürlich alles ganz schnell gehen muss, wird an dem Seil gezogen und gerüttelt, was das Zeug hält.
Dann ein Knall: die Umlenkrolle reisst ab. Und fällt natürlich dem Bohrer auf den Kopf. Vor Schreck läßt linker Helfer das Gewichtepaket los und die Gehwegplatten rutschen auf die Seite, genauer: auf sein Schienbein. Dadurch schlägt das Rohr nach rechts und begräbt Helfer auf der rechten Seite, genauer: seine Füße unter den restlichen Platten.
Super!
Also, so eine Manschette sollte man sich auf alle Fälle bauen, aber nur für zwei Zwecke:
Erstens: Man kann damit überhaupt erst an dem Rohr drehen, falls das mal feststecken sollte.
Zweitens: Für den letzten, halben Meter ist es auch gut. Damit kann das Rohr bis auf die gewünschte Tiefe gebracht werden, ohne daß man am Ende ein überflüssiges Brunnenrohr übrig hat .
Für meinen Zweck (als "alleine Bohrender") war eine Kappe mit Loch, die auf das Rohr aufgesetzt wird und an der dann die Gewichte angehängt werden viel handlicher.
Die Gewichte, die man auf dem Bild erkennen kann, stammen von Gleisarbeiten. Früher wurden die Schienen damit verklemmt, bevor man sie vergossen hat. Diese wurden wohl ausgesondert, weil sie etwas krumm waren, durch das abartige Gewicht sind sie natürlich selbst auf dem Schrottplatz auch nicht gerade günstig abzugreifen, für mich war das aber im Ganze eine gute Investition.
Man muss natürlich nicht gleich mit dem vollen Gewicht arbeiten, und wenn das Rohr weit aus dem Loch ragt, muss man eh etwas aufpassen. Wenn das Ganze einmal unkontrolliert kippt, kann das ganz schön Ärger geben.
Nebenwirkungen
Schnell werdet ihr merken, daß das Hochziehen ganz schön in die Arme und ins Kreuz geht!
Übernehmt euch nicht.
Es soll ja Spaß machen, und der Spaß kann durchaus einen Tag länger dauern, oder?
Wenn ich öfter mal so was machen würde, dann würde ich mir wohl eine Motorwinsch besorgen.
Eine Winsch (Winde) ist nichts anderes, als ein drehendes, rundes Teil, über das man das Seil schlägt. Das Seil wird einfach aufgewickelt. Je nach Übersetzung und Leistung der Winsch holt man da auf dem Boot locker den Anker ein oder rafft die Segel. Meistens erkennt man die Winsch am glänzenden Chrom oder matten Messing, wunderschön und teuer. Das wäre die richtige Hilfe!
Da wir aber immer knapp bei Kasse sind, bleibt es ein frommer Wunsch und wir benutzen weiterhin unsere steifen Hände.
Beim "ersten Mal" habe ich den Fehler gemacht, nicht genügend auf meine Hände oder besser: Finger geachtet zu haben. Je dünner das Seil ist, desto enger und fester muss es gegriffen werden, das schmerzt sehr bald in den Fingerspitzen. Wenn ihr euer täglich Brot nicht gerade mit Holzfällen oder Bullenschlachten verdient und euch auch nicht im Hafen verdingt, wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, aufzuhören. Ich habe das natürlich nicht gemacht.
Die Folgen spätestens am dritten Tag:
- Am Morgen kann man erstmal ohne Schmerzen kaum ein Fingergelenk bewegen. Alles ist leicht geschwollen und die Gelenke schnappen irgendwie wieder zurück (das sind die geschwollenen Sehnen, die nicht mehr so locker durch dies Sehnenscheide passen), außerdem hat man erstmal keine Kraft in den Händen.
- Die Haut löst sich überall (Blasen und Risse), Wasser + Seil + Sand = Schmirgelpapier.
- Rücken ist steif.
- Hoppla, meine Nägel sind lackiert? Blutergüsse unter den Fingernägeln sind zwar lustig anzuschauen, aber leider schmerzhaft. Dummerweise habe ich das zu spät bemerkt, beim Hantieren mit kaltem Wasser sind die Hände etwas gefühllos, man merkt den Schmerz nicht gleich. Was am Vortag nur etwas gerötet oder blutunterlaufen war, war am Tag danach blau, das heißt: Alle Fingernägel werden sich lösen, das ist ein Problem.
Das alles muss nicht sein, wenn man alles etwas ruhiger angehen lässt.
Die besten Fehler
Klar, der allerbeste: Schwups, wo ist denn mein Taschenmesser [...Taschenlampe, Karabiner, Feuerzeug, Pfeife...]?
Wie erwähnt kann man mit der Kiesbüchse nur aus dem Loch holen, was durch die Gummiklappe derselben passt.
Also: Nicht leichtsinnig irgendwelche Sachen ins Bohrloch fallen lassen, auch wenn´s noch so schön: Platsch macht!
Weniger problematisch sind Dinge, die von oben ins Loch fallen aber was ist mit dem Unbekannten, das unten, in der Finsternis lauert?
Bestimmt stösst man beim Bohren nicht nur auf Sand. Bereits beim ersten Hindernis wird man merken, daß das Rohr trotz großem Gewicht nicht mehr nach unten will. Falls das Rohr auf einem Stein aufsitzt, kann man versuchen, es zu drehen. Manchmal löst sich so ein kleinerer Brocken nach innen oder das Rohr kann daran vorbeischlüpfen.
Falls alle Bemühungen scheitern, nicht zu viel Gewicht auf das Rohr bringen, das hilft auch nicht, man muss versuchen, den Stein zu zertrümmern. Dazu wird ein schweres Gewicht am Seil heruntergelassen und immer wieder aus ein paar Metern Höhe auf den Stein fallen gelassen (Rohrbombe).
Ich muss gestehen ,daß ich selbst nur kleine Steine fand, die auch irgendwann mit der Kiesbüchse rauskamen, geärgert haben sie mich trotzdem, denn die halten ganz schön auf.
Beim Blunchen sollte man nach jedem Zug am Kolben prüfen, ob sich die Kiesbüchse frei heben lässt. Eine Kiesbüchse kann sich nämlich auch förmlich in den Grund saugen, wenn man nicht aufpasst. Daher darf der Bluncher niemals ruhen.
Falls man mal eine kurze Pause machen muss, immer sicherstellen, daß der Bluncher frei im Wasser hängt, oder besser: Immer komplett aus dem Loch ziehen.
Das habe ich natürlich gleich mal falsch gemacht:
Ich wollte an den Gewichten nochmal etwas verändern, weil das Rohr mal wieder ins Stocken geraten war. Da die Kiesbüchse noch nicht voll genug war, ließ ich sie einige Minuten hängen, um nach Gewichtserhöhung weiter zu machen.
Tja, die Überraschung war perfekt, bei etwa 10 Meter Tiefe befand sie sich und ließ sich nicht mehr bewegen.
Für solche Fälle hatte ich schon öfter mal den Ratschenzug benutzt und festgestellt, daß man das Seil ruhig mal längere Zeit unter Spannung halten sollte, bis sich der Plunscher irgendwann ganz von alleine löst.
Dieses Mal wollte das aber nicht funktionieren, obwohl ich den Zug über Nacht hängen ließ (mit einer Tonne Zugkraft!).
Alle Versuche scheiterten erstmal. Weder das Freispülen mit 2-Zoll-Schlauch und 4 Bar Druck (Saugschlauch bis ganz unten) mittels Feuerwehrpumpe, noch Rohrdrehen, noch Rohr-zurück-ziehen, wollten glücken.
Übrigens sollte man das Rohr niemals zurückziehen, denn dabei besteht die Gefahr, daß die Pumpe sich UNTER das Rohrende klemmt, aber wenn man keinen Ausweg sieht...
Nach drei Tagen rumprobieren geht einem aber auch langsam der Mut verloren, vor allem, wenn die erfahrenen Brunnenbohrer alle von solchen Stories berichten können, wo Pumpen für immer im Erdinnern verschollen sind...
Inzwischen machten sich auch schon die Nachbarn und meine Arbeitskollegen Gedanken, was man da tun könnte.
Auf die Lösung kam ich dann am Ende aber doch selbst: Rohe Gewalt hilft halt doch!
Der Segen kam in Form eines 3-Tonnen-Zuges.
Jetzt spätestens kann man nur hoffen, das jede Verbindung hält. Der Kettenzug wiegt schonmal über 30kg, mir war jedes Mittel recht.
Beim Ziehen krachten meine Baumstämme ganz schön, hielten aber allen Kräften anstandslos stand. Bei Seil und Karabinern (2000 kN Bruchlast) hoffte ich nur das allerbeste.
Ich musste den Zug gar nicht komplett ausreizen, da löste sich die Kiesbüchse auch schon wieder, ganz unspektakulär, als ob nichts gewesen wäre...
Wenn das Brunnenrohr mit der Erdoberflächse abschließen soll, kann der letzte Meter nicht mehr mit den hängenden Gewichten gebohrt werden, man muss dann entweder, die oben beschriebene Manschette benutzen, oder mit einem Trick arbeiten:
Zwei Hölzer links und rechts vom Rohr (am besten rund), die an den Enden mit großen Gewichten beschwert sind (Steine, Platten...) über die man jeweils ein Seil umlenkt, das am Rohrkopf befestigt ist. Die Enden hängt man an den Zug und kann bequem die nötige Kraft aufbauen. Prinzipiell könnte man so die ganze Zeit arbeiten, hat aber kaum Kontrolle über das Gewicht, das am Rohr drückt. Wenn das Rohr zu viel Druck hat, ist die Gefahr groß, daß es Schaden nimmt oder immer schiefer in die Erde eindringt! Falls ihr also blaue Stückchen im Bohrsand seht, ist es bereits zu spät!
Ausschlämmen
Nachdem man das Rohr bis auf die gewünschte Länge gut nach unten gebracht hat, sollte man mit dem Plunscher noch etwas weiterarbeiten (ganz ohne Gewichte), das Rohr ist noch ziemlich mit losem Sand gefüllt.
Mit einer langen Schnur, an deren Ende ein Gewicht hängt, kann man die Tiefe gut ausloten. Ergibt sich keine nennenswerte Veränderung mehr, ist die Arbeit erstmal beendet. Es ist durchaus normal, daß bei 15 Meter Rohrlänge bereits nach 13 Metern Grund zu messen ist, das wird sich noch ändern.
Jetzt ist es an der Zeit den Brunnen klar zu spülen. Die richtige Lage der Tauchpumpe ist bei mindestens einem Meter über dem Filter, besser höher, wenn der Wasserstand das zulässt.
Unsere Pumpe hängt bei 10 Metern, das war bisher vollkommen ausreichend.
Jetzt kommt die heikle Sache: Die Pumpe darf eigentlich nur klares Wasser fördern, wir haben ja keine Schlammpumpe geordert. Wir wissen aber, daß da unten noch jede Menge Sand im Wasser schwirrt.
Tja, ich hatte da keine Skrupel, das musste die Tauchpumpe abkönnen, wir hatten ja das Modell: "Sandblower" gewählt.
Wenn man also beschließt, den Brunnen mit der Tauchpumpe zu säubern muss man auf zwei Dinge achten:
- Födermenge immer im Auge behalten! Wenn die Pumpe fördert, darf man sie ruhig laufen lassen. Falls die Fördermenge nachlässt, hilft nichts anderes, als die Pumpe abzuschalten und zur Reinigung nach oben zu ziehen!
- Falls die Fördermenge konstant bleibt: Laufen lassen, bis nur noch klares Wasser kommt. Wird die Pumpe abgeschaltet, bevor klares Wasser kommt, hilft nichts anderes, als die Pumpe zur Reinigung nach oben zu ziehen! Die Pumpe kann kaputt gehen, wenn sie mit Schmutzwasser gestartet wird!
Es dauert in der Regel 15 - 30 Minuten, bis aller Sand aus dem Rohr gespült ist.
Nun kann man getrost die Endkappe aufsetzen!
Jetzt bekomme ich endlich meine geliebten Wasserhähne.
Bürokratisches
Da so ein Projekt selten unbemerkt bleibt und allerlei Neugierige anlockt, die immer mal schauen, wer da irgendwas ungewöhnliches anstellt, hatten wir beschlossen, den Brunnen ganz offiziell anzumelden.
Rein rechtlich muss so ein Brunnen nicht genehmigt werden. Es gibt bei der unteren Wasserbehörde ein Formblatt mit Angaben zu Ort und Verwendung, usw.. auch ein Lageplan mit Kennzeichnung der Bohrung muss beigelegt werden.
Eigentlich nichts schlimmes (könnte man meinen). Ich kenne keinen Brunnen, der jemals angemeldet worden wäre, da sollte die Behörde doch zufrieden sein, wenn das mal jemand tut, oder?
[Anmerkung: in nächster Nähe sind etwa 30 nicht angemeldete Brunnen]
Ich will euch nicht auf die Folter spannen, in kurzen Worten: Das Wasserwerk meldete sich prompt in Gestalt eines unfreundlichen Sachbearbeiters, der eine Wasseranalyse nach ALEX2 verlangte oder einen sofortigen RÜCKBAU des Brunnens veranlassen wollte. Ich habe mal spasseshalber nachgeschaut: Unter Rückbau versteht man, daß die Erdschichten in der gleichen Reihenfolge wie beim Ausheben zurückgelangen.
Verflixt, ich hatte zwar den Sand noch, die Steine, auf die ich traf, aber nicht durchnummeriert!
Die Wasseranalyse
Ich wollte das Wasser gar nicht trinken, es dient ja meiner Tropfbewässerung. Trotzdem sollte ICH eine amtsrechtlich anerkannte Analyse nach irgendeiner Norm anbringen. Dazu muss man wissen, daß es dabei nicht damit getan ist, einfach zwei Sprudelflaschen an irgendein Institut zu schicken. Ein Sachverständiger ist dazu vor Ort nötig!
Ich telefonierte mit allen Labors im Umkreis von 50 km, niemand war bereit, für eine Privatperson eine ALEX2-Analyse zu erstellen. (Die Ironie dabei: der Sachbearbeiter wusste selbst nicht, wer das machen sollte, hahaha!] Irgendwann war ich dann in Neustadt gelandet, das Ende vom Lied: ca. 300.-EUR Kosten...
Jedenfalls wissen wir jetzt, daß unser Wasser nicht verseucht ist, allerdings warten wir bis heute noch auf eine Reaktion des Amtes.
Abschließend kann ich nur sagen: Selbst Schuld!
Hier mal eine Alternative. Der Brunnenbauer Georg Stadler baut seinen letzten Brunnen. Wirklich sehenswert!